Die direkte Baugrundinjektion von außen wird im Rahmen der Sanierung von Entwässerungssystemen nur noch in Ausnahmefällen, z. B. im Bereich nichtbegehbarer Kanäle unter zugänglichen Flächen, deren Freilegung in offener Bauweise nicht möglich ist, praktiziert (Animation 10.2.4.3.2-1).
Animation 10.2.4.3.2-1:
Schematische Darstellung des Injektionsverfahrens von außen in Anlehnung an [FI-KMG] [Bild: Prof. Dr.-Ing. Stein & Partner GmbH]
Während der Injektionsarbeiten ist der Kanal von innen mit einer Kanalfernsehkamera zu beobachten und bei Bedarf gegen eindringendes Injektionsmittel durch vorhandene Undichtigkeiten zu schützen, z. B. durch Packer.
Für die Baugrundinjektion im Lockergestein mit Hilfe der Niederdruckinjektion haben sich folgende Verfahren bewährt:
Die Injektion durch Rammlanzen oder Bohrgestänge kann auch als Vorphase für die Manschettenrohrinjektion dienen.
Bohrungen oder Einpressrohre sind nach Abstand, Tiefe und Richtung so anzuordnen, dass sich die Injektionskörper überlappen. Die Einpressstellen sind umso dichter zu setzen, je geringer die Durchlässigkeit des Baugrundes, je größer die Viskosität des Injektionsgutes und je niedrigerer der zulässige Einpressdruck ist [[DIN4093:2012]].
Für die Baugrundinjektion in verschiedenen Tiefen stehen die in Tabelle 10.2.4.3.2-1 zusammengefassten Injektionsmöglichkeiten und -strategien zur Verfügung.
Injektionsmöglichkeiten und strategien bei der direkten Bauwerksinjektion im Lockergestein [[EN12715:2010]]
Injektion | Boden | ||
Bohrgestänge | Manschettenrohr | Rammlanze oder Casing | |
Einstufeninjektion | x | x | |
Mehrstufeninjektion | x | ||
Aufsteigende Injektionsstufe | x | x | x |
Absteigende Injektionsstufe | x | x |
Die Injektionsstufe definiert DIN EN 12715 [[EN12715:2010]] als bestimmte Injektionslänge (Passe), die zuvor festgelegt und entweder durch einen Doppelpacker oder durch einen Einfachpacker und die Bohrlochsohle begrenzt wird. Im Lockergestein sollte die Länge der Injektionsstufe < 1,0 m gewählt werden.
Die Injektion kann sowohl von unten nach oben (aufsteigende Injektionsstufe) als auch von oben nach unten (absteigende Injektionsstufe) beim Abteufen durchgeführt werden. Im letztgenannten Anwendungsfall wird kein Manschettenrohr benötigt, wenn stufenweise gebohrt und injiziert wird. Der jeweils injizierte Bereich wird anschließend wieder durchbohrt, um den darunter anstehenden Boden für die folgende Injektionsstufe zu erschließen.
Die Auswahl der Injektionsverfahren und die Durchführung der Injektion sind u. a. abhängig von den jeweiligen geologischen und hydrogeologischen Baugrundverhältnissen, dem Zustand und der Tiefenlage des Kanals sowie vom Injektionszweck und der Art des Injektionsmittels.
Injektion im Lockergestein mittels Rammlanze in Anlehnung an [[Reute71]] [Quelle: S&P]
Zur Injektionsausrüstung gehören [[EN12715:2010]]:
Beim einfachsten Verfahren, der Einstufeninjektion mit aufsteigender Injektionsstufe, wird eine Rammlanze oder ein Bohrgestänge bis zum tiefsten zu injizierenden Horizont in den Baugrund gerammt, gebohrt oder gespült und das Injektionsmittel durch den Rohrstrang unter gleichzeitigem, abschnittsweisem Hochziehen desselben (ca. 20 bis 30 cm) stufenweise von der Bohrlochsohle aufsteigend injiziert (Injektion von unten nach oben/ Bild 10.2.4.3.2-1).
Die Rammlanze (Bild 10.2.4.3.2-2) besteht aus einem zusammengeschraubten Rohrstrang mit einer aufgesteckten, lösbaren Spitze. Letztere verbleibt nach dem Ziehen im Boden.
Die Injektion mittels Rammlanze kann meist nur mit einem geringen Druck erfolgen, da sonst die Gefahr besteht, dass das Injektionsmittel über den Ringraum zwischen Bohrloch und Rohrstrang austritt. Bedingt dadurch und durch den Eindringwiderstand des Bodens eignet sich diese Injektionsart allerdings nur für geringe Tiefen [[Horni2009]].
Bei schnell erhärtenden Injektionsmitteln kann es darüber hinaus durch Aufsteigen des Injektionsmittels an der Außenwand zum Festsetzen der Rammlanze kommen.
In kohäsionslosen körnigen Lockergesteinen und insbesondere bei deutlichen Inhomogenitäten bezüglich der Korngrößenverteilung und somit auch des Durchlässigkeitsbeiwertes innerhalb einer zu injizierenden Schicht bzw. übereinander gelagerter oder angrenzender Schichten wird bevorzugt das Manschettenrohrverfahren eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eine Mehrstufeninjektion über Manschettenrohre (Injektionsrohre), die zuvor in temporär verrohrte Bohrlöcher eingebaut werden. Der nach dem Ziehen der Verrohrung (Casing) entstehende Ringraum zwischen dem Bohrloch und dem Manschettenrohr wird mit einer Ummantelungsmischung/ Verdämmung (z. B. Bentonit-Zement-Suspension) von unten nach oben verfüllt. Die erhärtete Ummantelungsmischung verhindert das Aufsteigen des Injektionsmittels während der Injektion im Ringraum und sichert damit die Funktion der mehrfachen Nutzung der Manschetten, ohne dass ein neues Bohrloch erstellt werden muss. Gleichzeitig ermöglicht dieses Verfahren auch die Injektion verschiedener Injektionsmittel im selben Bohrloch [[Horni2009]].
Bei dem Manschettenrohr handelt es sich um ein in regelmäßigen Abständen von beispielsweise 30 cm gelochtes Injektionsrohr. Die Lochungen werden außen von verformbaren Gummimanschetten abgedichtet. Diese übernehmen die Funktion eines Injektionsventils in Form eines Rückschlagventils, so dass das Injektionsmittel zwar aus dem Injektionsrohr aus-, aber nicht in dieses zurückfließen kann.
Injektion mittels Manschettenrohrverfahrens und Druckluftdoppelpackers in Anlehnung an [[Maidl83b]] [Quelle: S&P]
Das Einpressen des Injektionsmittels erfolgt mit Hilfe eines Doppelpackers, der entweder selbstständig durch den Injektionsdruck oder mechanisch bzw. pneumatisch (Bild 10.2.4.3.2-3) expandiert und Teile des Manschettenrohres gegeneinander abdichtet.
Der Doppelpacker wird so positioniert, dass jeweils immer nur eine Manschette beaufschlagt wird und der in ihrem Einwirkungsbereich befindliche Bodenkörper gezielt injiziert werden kann. Voraussetzung ist, dass die abgebundene Ummantelungsmischung durch den Injektionsdruck (Berstdruck) aufgebrochen wird.
Das Injektionsverfahren unter Verwendung von Manschettenrohren bietet folgende Vorteile:
Bei der Baugrundinjektion können die im Abschnitt 7.1.3.1 erläuterten Injektionsmittel eingesetzt werden. Hinweise für ihre Anwendung in Abhängigkeit des anstehenden Baugrundes und der zu verfüllenden Hohlräume enthalten Tabelle 10.2.4.3.2-2 und Bild 10.2.4.3.2-4.
Hinweise für die Anwendung von Injektionsmitteln für unterschiedliche Baugrund- und Hohlraumarten in Anlehnung an [[EN12715:2010]]
Baugrund | Bereich | Geotechnische Injektion | ||
Poren- oder Durchdringungsinjektion | Kontaktinjektion | Hohlraumverfüllung | ||
Körniges Lockergestein |
Kies, grober Sand und sandiger Kies K > 5 × 103 m/s |
Reine Zementsuspensionen, Suspensionen auf Zementbasis | ||
Sand 5×105 m/s < K < 5×103 m/s |
Feinstbindemittel- Suspensionen, Lösungen | |||
Mittel- bis Feinsand 5×106 m/s < K < 1×104 m/s |
Feinstbindemittel- Suspensionen, Lösungen, spezielle chemische Produkte | |||
Kontaktfugen/ kavernöse Strukturen |
Fugenweite e > 100 mm |
Mörtel auf Zementbasis, Suspensionen auf Zementbasis (Tone als Füllstoff) | Mörtel auf Zementbasis, Suspensionen auf Zementbasis mit kurzer Abbindedauer, Polyurethanschaum, andere wasserreaktive Produkte | |
0,1 mm< e < 100 mm | Suspensionen auf Zementbasis, Feinstbindemittel-Suspensionen | |||
Hohlraum | Große Hohlräume | Mörtel auf Zementbasis, Suspensionen auf Zementbasis mit kurzer Abbindedauer, Polyurethanschaum, andere wasserreaktive Produkte |
Als Injektionsmittel finden, wenn es die geologischen oder hydrogeologischen Randbedingungen zulassen, vornehmlich solche mit Feststoffgehalt, d. h. WW-Mörtel bzw. Suspensionen auf Zementbasis (Tabelle 10.2.4.3.2-2) Anwendung. Beim Verfüllen großer Hohlräume mit diesen Injektionsmitteln besteht unter Umständen eine Überlastungsgefahr für den Kanal oder das Bauwerk. In solchen Fällen kann der Hohlraum entweder stufenweise oder mit einem Injektionsmittel verfüllt werden, das im abgebundenen Zustand eine geringere Dichte aufweist (z. B. Porenleichtbeton oder Polyurethanschaum) [[EN12715:2010]] (Abschnitt "Ringraumabschluss und -verfüllung") [[Grimm85]].
Bei Einsatz großer Injektionsmittelmengen ist darauf zu achten, dass es aufgrund der Hydratationstemperaturen nicht zu örtlichen Spannungen im Baugrund kommt, die sich wiederum negativ auf den Zustand des Kanals auswirken [[EN12715:2010]].
Einsatzbereiche von Injektionsmitteln in Abhängigkeit von der Korngrößenverteilung (Körnungslinien) des zu injizierenden Lockergesteins in der Leitungszone [[Maidl83a]]
Der Injektionsdruck ist in Abhängigkeit z. B. vom baulichen Zustand des betreffenden Kanals, der Auflast und des Baugrundes festzulegen. In der Regel erfolgt das Verfüllen ohne aktiven Druck, außer demjenigen, den die Höhe der Flüssigkeitssäule im Bohrloch oder Hohlraum ausübt (drucklos).
Um nach Abschluss einer Hohlraumverfüllung noch vorhandene weitere, kleinere Hohlräume zu verfüllen, darf eine Nachinjektion unter Druck erfolgen.
Bei der Verwendung von Injektionsmitteln auf der Basis von Zement werden die Grundsubstanzen in Dosier- und Mischanlagen zum eigentlichen Injektionsmittel aufbereitet und anschließend über Injektionspumpen mittels der beschriebenen Injektionstechniken injiziert.
Bei Injektionsmitteln auf der Basis von mehrkomponentigen Kunstharzen werden die Ausgangskomponenten separat möglichst bis unmittelbar vor die Injektionsstelle gepumpt. Hierbei ist darauf zu achten und messtechnisch zu dokumentieren, dass die vorgegebenen Mischungsverhältnisse eingehalten werden. Insbesondere bei den durch Polyaddition entstandenen Polyaddukten (2K-PU, Silikatharz und EP) ist eine intensive Mischung erforderlich, entweder durch vorheriges Mischen der Komponenten (nur bei entsprechend langer Topfzeit) oder durch einen Statikmischer oder ähnliches [[Maidl83b]].
Beim Statikmischer werden die Materialkomponenten in einem Rohr zusammengeführt. Durch vielfache Strahlteilung entlang des Fließweges vermischen sich die Komponenten (Bild 10.2.4.3.2-5) (Bild 10.2.4.3.2-6).
Dieses Mischverfahren ist technisch nicht aufwendig und wird bei der mobilen Verarbeitung von mehrkomponentigen Systemen häufig eingesetzt.
Statikmischer sind in der Regel für den einmaligen Einsatz vorgesehen, da bei Unterbrechung des Mischvorganges das Material in diesem erhärtet. Eine Mehrfachverwendung kann durch Reinigung des Statikmischers mit einem Lösungsmittel oder mit einer Komponente des Injektionsmittels ermöglicht werden.
Zur Kontrolle und Steuerung des Injektionsvorganges sind Druck, Volumen und Durchflussrate des Injektionsmittels je Einpressstelle zu erfassen. Damit sollen das unkontrollierte Abfließen des Injektionsmittels, die unzulässige Verformung des Baugrundes (Baugrundverdrängung) mit der Folge des Zerstörens des betreffenden Kanalbereiches oder von Hebungen der Geländeoberfläche verhindert werden.